August 18, 2008

Fragen zur Direktive „Copyright in the Information Society“

Hier ist eine Anzahl von Fragen aufgelistet, die sich für die Interessensgemeinschaften von Bibliotheken, Archiven und Forschungseinrichtungen im Zuge der Beschäftigung mit der Direktive und aus der Lektüre des Grünbuchs ergeben. Die Fragen sind auch im Original des Grünbuchs selbst in den Text integriert.

Fragen:

(1)
Sollten vertragliche Vereinbarungen zwischen den Rechteinhabern und den
Benutzern über die Anwendung der Ausnahmen gefördert oder hierfür Leitlinien
festgelegt werden?

(2)
Sollten vertragliche Vereinbarungen zwischen den Rechteinhabern und den
Benutzern über andere, nicht unter die Ausnahmen fallende Aspekte gefördert
oder hierfür Leitlinien oder Musterlizenzen festgelegt werden?

(3)
Ist es angesichts der kontinuierlichen Weiterentwicklung der
Internet-Technologien und der weit verbreiteten Erwartungen von Wirtschaft
und Gesellschaft noch angemessen, sich auf eine Liste nicht verbindlicher
Ausnahmen zu stützen?

(4)
Sollten bestimmte Ausnahmekategorien verbindlich ausgestaltet werden, um ein
größeres Maß an Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Nutznießer dieser
Ausnahmen besser zu schützen?

(5)
Wenn ja, welche?

AUSNAHMEN FÜR SPEZIELLE BEREICHE
In diesem Grünbuch geht es vor allem um die Ausnahmen, die für die Wissensverbreitung die größte Bedeutung haben, nämlich

– die Ausnahme für Bibliotheken und Archive,
– die Ausnahme für die Verbreitung von Werken zu Unterrichts- und Forschungszwecken,
– die Ausnahme für Menschen mit Behinderung,
– eine eventuelle Ausnahme für von Nutzern geschaffene Inhalte.

Jede nach Artikel 13 zulässige Ausnahme sollte eng gefasst und auf ein
Mindestmaß beschränkt sein. Die drei Bedingungen, d.h.
1.) Beschränkung auf bestimmte Sonderfälle,
2.) keine Beeinträchtigung der normalen Verwertung und
3.) keine ungebührliche Verletzung der berechtigten Interessen des Rechtsinhabers müssen allesamt erfüllt sein.

(6)
Sollte die Ausnahme für Bibliotheken und Archive unverändert bleiben, weil die
Verlagshäuser selbst die notwendigen Entwicklungen durchführen werden, um
einen Online-Zugang zu ihren Katalogen zu gewährleisten?

(7)
Sollten öffentliche Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Museen und Archive
Lizenzvereinbarungen mit den Verlagshäusern schließen, um den Zugang zu
ihren Werken zu erleichtern? Gibt es Beispiele für erfolgreiche
Lizenzierungsmodelle für den Online-Zugang zu Bibliotheksbeständen?

(8)
Sollte der Geltungsbereich der für öffentliche Bibliotheken,
Bildungseinrichtungen, Museen und Archive geltenden Ausnahme in Bezug auf
nachstehende Punkte präzisiert werden?

(a) Formatänderungen,
(b) Zahl der Kopien, die im Rahmen dieser Ausnahme angefertigt werden
dürfen,
(c) Einscannen ganzer Bibliotheksbestände.

(9)
Sollte in den einschlägigen Rechtsvorschriften geklärt werden, ob das Einscannen
von Werken aus Bibliotheksbeständen mit dem Ziel, ihren Inhalt über das
Internet durchsuchbar zu machen, über den Geltungsbereich der derzeitigen
Ausnahmen hinausgeht?

(10)
Ist in Bezug auf verwaiste Werke eine Legislativmaßnahme der Gemeinschaft
erforderlich, die über die Empfehlung 2006/585/EG der Kommission vom
24. August 2006 hinausgeht?

(11)
Wenn ja, sollte dann die Urheberrechtsrichtlinie aus dem Jahr 2001 geändert
oder ein eigenständiger Rechtsakt erlassen werden?

(12)
Wie sollten die grenzübergreifenden Aspekte, die sich im Zusammenhang mit
verwaisten Werken stellen, in Angriff genommen werden, um die EU-weite
Anerkennung der Regelungen der einzelnen Mitgliedstaaten zu gewährleisten?

(13)
Sollten Menschen mit Behinderungen Lizenzvereinbarungen mit Verlagen
schließen, um einen besseren Zugang zu geschützten Werken zu erhalten? Wenn
ja, welche Formen der Lizenzierung wären am besten geeignet? Gibt es bereits
Lizenzierungsmodelle, die darauf abzielen, behinderten Menschen den Zugang zu
geschützten Werken zu erleichtern?

(14)
Sollte verbindlich vorgeschrieben werden, geschützte Werke in einem
bestimmten behindertengerechten Format zur Verfügung zu stellen?

(15)
Sollte klargestellt werden, dass die derzeitige Ausnahme für Menschen mit
Behinderung nicht nur für Seh- und Hörbehinderungen gilt?

(16)
Wenn ja, welche anderen Behinderungen sollten für die Zwecke der
Online-Wissensverbreitung in den Geltungsbereich dieser Ausnahmeregelung
aufgenommen werden?

(17)
Sollte in den nationalen Rechtsvorschriften klargestellt werden, dass Personen,
die die Ausnahme für behinderte Menschen in Anspruch nehmen können, nicht
zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet werden sollten, wenn sie ein Werk zur
Übertragung in ein behindertengerechtes Format nutzen?

(18)
Sollte die Richtlinie 96/9/EG über den rechtlichen Schutz von Datenbanken eine
Ausnahme vom Datenbank- und Sui-generis-Schutz speziell für Menschen mit
Behinderung vorsehen?

(19)
Sollte die Wissenschafts- und Forschungsgemeinschaft Lizenzregelungen mit den
Verlagen treffen, um den Zugang zu geschützten Werken zu Unterrichts- oder
Forschungszwecken zu erleichtern? Gibt es Beispiele für erfolgreiche
Lizenzierungsmodelle, die die Online-Nutzung geschützter Werke für
Unterrichts- oder Forschungszwecke ermöglichen?

(20)
Sollte die für Unterricht und Forschung geltende Ausnahme präzisiert und um
moderne Formen des Fernlernens erweitert werden?

(21)
Sollte klargestellt werden, dass die für Unterricht und Forschung geltende
Ausnahme nicht nur für Materialien gilt, die in Klassenräumen oder
Bildungsstätten verwendet werden, sondern auch deren Verwendung zu Hause
zu Studienzwecken einschließt?

(22)
Sollte es hinsichtlich der Länge der Werksauszüge, die vervielfältigt oder für
Unterrichts- und Forschungszwecke zur Verfügung gestellt werden können,
verbindliche Mindestvorschriften geben?

(23)
Sollte es eine verbindliche Mindestanforderung im Hinblick darauf geben, dass
die Ausnahme sowohl für den Unterricht als auch für die Forschung gilt?

(24)
Sollten genauere Vorschriften im Hinblick darauf erlassen werden, welche
Handlungen bei der Nutzung urheberrechtlich geschützter Materialien zulässig
bzw. unzulässig sind?

(25)
Sollte die Richtlinie um eine Ausnahme für von Nutzern geschaffene Inhalte
erweitert werden?